Hymne von Anatoli Wedel
"Von hier, von oben, kann ich alle sehen, die auf dem Hof sind."
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Zum Andenken an Hugo Wormsbecher
(26. Juni 1938 – 20. November 2024)
„Von hier, von oben, kann ich alle sehen, die auf dem Hof sind.“
Hugo Wormsbecher: Unser Hof
Auszüge aus dem Ablehnungsbescheid der Bezirksregierung Arnsberg:
Bezirksregierung Arnsberg · Postfach · 59817 Arnsberg
Ausbildungs- und Forschungs-
Zentrum ETHNOS e.V.
z. Hd. Herrn Dr. Walther Friesen
Bermesdickerstr. 9
44357 Dortmund
Fördermaßnahmen im Aufgabenbereich des § 96 Gesetzes
über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge
(Bundesvertriebenengesetz – BVFG) vom 1953 in der zurzeit gültigen Fassung
Projekt: Online Workshop „Aufbau des Netzwerkes zur Verfilmung der
russlanddeutschen Geschichte“
Ihr Antrag vom 07.11.2016
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihren Antrag vom 07.11.2016 auf Gewährung einer Zuwendung des
Landes Nordrhein-Westfalen zur Förderung einer Maßnahme gem. § 96
BVFG lehne ich ab.
Begründung
……………………………..
Sie planen einen Online-Workshop zum „Aufbau eines Netzwerkes zur Verfilmung der russlanddeutschen Geschichte“. Später soll dann u. a. die Novelle „Unser Hof“ von Hugo Wormsbecher, der für den geplanten Workshop auch als Referent vorgesehen ist, verfilmt werden. Thematisch spielt in der genannten Novelle Wormsbechers die Auseinandersetzung mit „dem in Stalinismus erlitten Unrecht seiner Landsleute“ (siehe z. B, auch „Kulturportal West – Ost“) die zentrale Rolle.
Dass es solche stalinistischen Unrechtshandlungen an Angehörigen der russlanddeutschen Volksgruppe gegeben hat, ist historisch unstrittig. Allerdings ist kritisch zu fragen, ob diese geschichtliche Phase auch heute noch als maßgeblich oder gar alleinig identitätsprägend betrachtet werden sollte, oder ob – im Sinne der Völkerverständigung und einer angemessenen Berücksichtigung der kulturellen Wechselbeziehungen zwischen den Deutschen und ihren östlichen Nachbarn – nicht auch andere Aspekte stärker in den Vordergrund gestellt werden könnten und sollten. Grundsätzlich ist eine differenzierte, ausgewogene historische Aufarbeitung der wechsel- und teilweise leidvollen deutsch-russischen Geschichte wünschenswert.
Mehr noch als gegenüber der Novelle „Unser Hof“ bestehen hier insbesondere Vorbehalte gegenüber den Aktivitäten von Herrn Wormsbecher in seiner (politischen) Rolle als Interessenvertreter für russlanddeutsche Angelegenheiten. Nach unseren Recherchen setzt sich Herr Wormsbecher bis heute u. a. für die „Wiederherstellung der territorialen Autonomie“ einer kompakt siedelnden deutschen Bevölkerung an der Wolga oder in anderen russischen Gebieten ein. In diesem Zusammenhang vertritt er darüber hinaus nach unseren Kenntnissen die Idee einer „Rückwanderung“ von deutschen Spätaussiedlern in ein demnach noch zu realisierendes deutsches Autonomiegebiet.
Solche Vorstellungen betrachte ich kritisch. Die Erinnerung an die russlanddeutsche Vergangenheit sollte nicht mit Rückansiedlungssprüchen in Verbindung gebracht werden. Auch sollte angesichts der insgesamt vergleichsweise guten Arbeitsmarktintegration von Spätaussiedlern, der demografischen Entwicklung und des absehbaren Fachkräftemangels in Deutschland die Frage im Vordergrund stehen, wie diese Zuwanderungsgruppe – soweit nicht bereits erfolgt – optimal in die bundesrepublikanische Gesellschaft integriert werden kann. Forderungen nach einer Rückansiedlung deutschstämmiger Spätaussiedler in Russland sind m. E. kontraproduktiv.
……………………………………
Im Auftrag
(Dr. Chmel-Menges)
Klageantrag
Dr. Walther Friesen Dortmund, den 17. Februar 2017
Vorstandsvorsitzender des Vereins
‚Ausbildungs- und Forschungszentrum ETHNOS e. V.‘
Bermesdickerstr. 9
44357 Dortmund
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Bahnhofsvorplatz 3
45879 Gelsenkirchen
Kläger: Dr. Walther Friesen, Vorstandsvorsitzender des Vereins ‚Ausbildungs- und
Forschungszentrum ETHNOS e. V.‘
Beklagter: Herr Dr. Chmel-Menges
Gegenstand des Klagebegehrens: Ablehnungsbescheid der Bezirksregierung Arnsberg vom
25.01.2017, unterschrieben durch Herrn Dr. Chmel-Menges, zum Antrag des Vereins
‚Ausbildungs- und Forschungszentrum ETHNOS e. V.‘ vom 07.11.2016 auf Gewährung einer Zuwendung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Förderung des Projektes Online Workshop
‚Aufbau des Netzwerkes zur Verfilmung der russlanddeutschen Geschichte‘ gem. § 96
BVFG.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Aussage des Beklagten:
0.1. Im o. g. Ablehnungsbescheid „fragt“ Herr Dr. Chmel-Menges „kritisch“, „ob diese geschichtliche Phase („Unrechtshandlungen an Angehörigen der russland-deutschen Volksgruppe“) auch heute noch als maßgeblich oder gar alleinig identitätsprägend betrachtet werden sollte“
Stellungnahme der klagenden Partei:
1. Der Sowjetische Staat beging die „Unrechtshandlungen“, die dem Völkermord gleich sind.
Beweise:
1.1. Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der Union der SSR: Über die Übersiedlung der Deutschen, die in den Wolgarayons wohnen vom 28. August 1941
1.2. Erlass № 1123сс: Über den Einsatz deutscher Umsiedler im wehrfähigen Alter von 17 bis 50 Jahren vom 10. Januar 1942
1.3. Erlass № 1281сс: Über die Mobilisierung der deutschen Männer im wehrfähigen Alter von 17 bis 50, die einen ständigen Aufenthaltsort in den Bezirken, Kreisen, Autonomen Republiken und Unionsrepubliken haben vom 14. Februar 1942
1.4. Erlass № 2383: Über die zusätzliche Mobilisierung der Deutschen für die Volkswirtschaft der UdSSR vom 7. Oktober 1942
1.5. Direktive № 0083 des Volkskommissariat für innere Angelegenheiten (NKWD): Über die Organisation der Einheiten der mobilisierten Deutschen in den Lagern des NKWD der UdSSR vom 12. Januar 1942.
2. Die an den Russlanddeutschen vom sowjetischen Staat begangenen „Unrechtshandlungen“, die dem Völkermord gleich sind, sind auch heute mehr als „maßgeblich identitätsprägend“ für die Russlanddeutschen.
2.1. 1949 wurde ich im Konzentrationslager für Deutsche ‚Zeche 6‘ geboren. 1953 wurden meine Eltern und ich in Begleitung von 2 NKWD-Beamten nach deutschem Konzentrationsgebiet im Süd-Ural fortgeschafft, wo 1954 in der Nähe unserer Ansiedlung auf dem Truppenübungsgelände Tozkoje ein Kernwaffentest auf der Höhe von 350 m stattfand. An dessen Folgen leide ich bis jetzt. Bis 1955 stand ich unter der NKWD-Überwachung. Wegen der KZ-Dokumentationsverwirrung bin ich nicht in Deutschland als Deutscher anerkannt worden, was für mich schwerwiegende Folgen hat (wie z. B. in den Rentenangelegenheiten). Am 7.12.1994 bekam mein Vater die NKWD-Auskunft, dass er keinen Sohn habe. Am 23.02.1995 gelang es mir letztendlich die handschriftliche Geburtsurkunde mit der Geburtsortangabe wie ein „Duplikat“, in der meine Eltern eingetragen sind, zu bekommen. Für mich sind diese „Unrechtshandlungen“ keine „geschichtliche Phase“ (so Herr Dr. Chmel-Menges). Es ist mein Leben!
Weitere Zeugen:
2.2. Frau Marta Weigand, die über das Meisterwerk ‚Unser Hof‘ des Klassikers der russlanddeutschen Literatur Hugo Wormsbecher schreibt: „Danke für die Novelle, ohne Tränen konnte ich es nicht lesen. So vieles, was die Eltern erzählt haben, kommt in Erinnerung. Meine beiden Eltern waren in Arbeitslagern. Mutter war in Archangelsk, Vater in Tscheljabinsk, 2 Schwestern im Waisenheim.“
2.3. Mehrere hunderttausende Russlanddeutsche, die in Deutschland leben.
2.4. Die Aussage von Herrn Dr. Chmel-Menges „Allerdings ist kritisch zu fragen, ob diese geschichtliche Phase auch heute noch als maßgeblich oder gar alleinig identitätsprägend betrachtet werden sollte“ beleidigt mich persönlich.
2.4.1. Ist es nicht die Relativierung der durch die Machthaber der Sowjetunion begangenen „Unrechtshandlungen“, die dem Völkermord an den Russlanddeutschen gleich sind?
2.5. Die Aufarbeitung der leidgeprüften Geschichte der Russlanddeutschen, die mehr als maßgebend ihre Identität ausprägt, ist auch wichtig für die jüngeren Generationen. Solche Grundhaltung ist auch in Einklang mit dem Entscheid der Landesregierung NRW vom 22. September 2007, die „Flucht und Vertreibung der Deutschen im 2. Weltkrieg“ zum Pflichtthema im Unterricht zu machen. „Vor diesem Hintergrund ist Hugo Wormsbechers Erzählung „Unser Hof“ (1984) nicht hochgenug einzuschätzen. ... Hugo Wormsbechers Erzählung kann als Pionierleistung gelten, die sich auch filmisch gut inszenieren lässt. Ich möchte den Versuch, den Text zu verfilmen, in jeder Beziehung unterstützen. Es wäre ein großes Vorhaben und würde das kollektive Gedächtnis in jeder Hinsicht bereichern“, so Herr Prof. Dr. Carsten Gansel.
Aussage des Beklagten:
0.2. „Mehr noch als gegenüber der Novelle „Unser Hof“ bestehen hier insbesondere Vorbehalte gegenüber den Aktivitäten von Herrn Wormsbecher in seiner (politischen) Rolle als Interessenvertreter für russlanddeutsche Angelegenheiten. Nach unseren Recherchen setzt sich Herr Wormsbecher bis heute u. a. für die „Wiederherstellung der territorialen Autonomie“ einer kompakt siedelnden deutschen Bevölkerung an der Wolga oder in anderen russischen Gebieten ein. In diesem Zusammenhang vertritt er darüber hinaus nach unseren Kenntnissen die Idee einer „Rückwanderung“ von deutschen Spätaussiedlern in ein demnach noch zu realisierendes deutsches Autonomiegebiet. Solche Vorstellungen betrachte ich kritisch ...“
Stellungnahme der klagenden Partei:
3. Herr Hugo Wormsbecher befürwortete die Realisierung des „Protokolls über die Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Russischen Föderation zur stufenweisen Wiederherstellung der Staatlichkeit der Russlanddeutschen“ vom 23.04.1992. Kann diese Grundhaltung dem Herrn Hugo Wormsbecher bzw. einer anderen Person jetzt schon inkriminiert werden? Ich bitte um den Rechtsspruch des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen.
4. Nach meinen Kenntnissen, hat Herr Hugo Wormsbecher niemals die Russlanddeutschen zur „Rückwanderung“ aufgefordert. Ganz im Gegenteil, „heute“ „vertritt er ... die Idee“, dass die in Deutschland beheimateten Russlanddeutschen (amtlich: Aussiedler, Spätaussiedler, Abkömmlinge) unbedingt in Deutschland bleiben müssen, weil die russische Regierung ihren dokumentierten Verpflichtungen nachzugehen, keinen politischen Willen hat. Beweis: Der am 31. Januar 2016 durch den Präsidenten Wladimir Putin unterzeichnete Erlass „Über erstrangige Maßnahmen zur Rehabilitation der Russlanddeutschen“, der die früher verankerte Wiederherstellung der russland-deutschen Staatlichkeit“ (wie im Ukas des Präsidenten Boris Jelzin vom 21.02.1992) nicht mehr enthält. Zeuge: Herr Hugo Wormsbecher Ich empfinde die zitierte Aussage von Herrn Dr. Chmel-Menges wie eine üble Nachrede. Ich bitte Herrn Dr. Chmel-Menges seine Aussage zu belegen oder zurückzunehmen bzw. zu widerlegen. Aussage des Beklagten:
0.3. „Auch sollte angesichts der insgesamt vergleichsweise guten Arbeitsmarktintegration von Spätaussiedlern, der demografischen Entwicklung und des absehbaren Fachkräftemangels in Deutschland die Frage im Vordergrund stehen, wie diese Zuwanderungsgruppe – soweit nicht ohnehin bereits erfolgt – optimal in die bundesrepublikanische Gesellschaft integriert werden.“
Stellungnahme der klagenden Partei:
5. Abgesehen vom antinomischen Syllogismus („wie diese Zuwanderungsgruppe – soweit nicht ohnehin bereits erfolgt – optimal in die bundesrepublikanische Gesellschaft integriert werden.“ (kann/könnte? – W.F.), kann diese Aussage von Herrn Dr. Chmel-Menges so verstanden werden, dass die Integrationsproblematik im beantragten Projekt „im Vordergrund stehen“ solle.
5.1. Der Verein ‚Ausbildungs- und Forschungszentrum Ethnos e. V., dem ich vorstehe, hat einen Antrag auf Gewährung einer Zuwendung für das Projekt im Aufgabenbereich des § 96 BVFG beantragt.
5.2. Weder im § 96 BVFG noch in den ‚Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für Maßnahmen gemäß § 96 Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz (BVFG) durch das Land Nordrhein-Westfalen‘ gibt es eine Klausel, die die „Arbeitsmarktintegration von Spätaussiedlern“ festlege bzw. in den Mittelpinkt stelle. Falls es eine Neuerung gäbe, soll dann diese der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Beweise:
- Wortlaut des § 96 des Bundesvertriebenengesetzes: „Bund und Länder haben entsprechend ihrer durch das Grundgesetz gegebenen Zuständigkeit das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewusstsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten, Archive, Museen und Bibliotheken zu sichern, zu ergänzen und auszuwerten sowie Einrichtungen des Kunstschaffens und der Ausbildung sicherzustellen und zu fördern. Sie haben Wissenschaft und Forschung bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus der Vertreibung und der Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge ergeben, sowie die Weiterentwicklung der Kulturleistungen der Vertriebenen und Flüchtlinge zu fördern. Die Bundesregierung berichtet jährlich dem Bundestag über das von ihr Veranlasste.“
- ‚Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für Maßnahmen gemäß § 96 Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz (BVFG) durch das Land Nordrhein-Westfalen‘; P. 1.1 – 1.2.
Aussage des Beklagten:
0.4. „Angesichts der dargelegten Vorbehalte hatten wir Ihnen im Zuge der Antrags-bearbeitung die Gelegenheit gegeben, weitere konkrete „volksgruppenidentitätsprägende Schwerpunktthemen“ zu benennen, die Sie im Rahmen Ihres geplanten Workshops mit Blick auf spätere Verfilmungen recherchieren bzw. durch (Online-)Befragungen, Diskussionen etc. herausarbeiten möchten. Trotzdem ist unklar geblieben, welche konkreten identitätsprägenden Themenschwerpunkte gemeint sein könnten – abgesehen von der genannten Novelle „Unser Hof“, deren Eignung diesbezüglich in Frage zu stellen ist.“ Stellungnahme der klagenden Partei:
6. Obwohl die Novelle ‚Unser Hof‘ von Hugo Wormsbecher zur Klassik der russlanddeutschen und deutschen Literatur zählt und „die ETHNOS-Netzwerkteilnehmer einhellig sind, dass zuerst die Novelle „Unser Hof“ des Klassikers der russlanddeutschen Literatur Hugo Wormsbecher verfilmt werden soll“ (so im Antrag), teile ich einigermaßen die Meinung von Herrn Dr. Chmel-Menges, dass „auch andere Aspekte stärker in den Vordergrund gestellt werden könnten und sollten. Grundsätzlich ist eine differenzierte, ausgewogene historische Aufarbeitung der wechsel- und teilweise leidvollen deutsch- russischen Geschichte wünschenswert.“
6.1. Im 5.1. des Förderantrages, den ich unterschrieben habe, sind u. a. die anderen Themen zur etwaigen Verfilmung hervorgehoben.
6.2. Am 25.12.2016, nach dem Telefongespräch mit Herrn Bernd Werdin (Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen), ließ ich Frau Edeltraud Kaffka (Bezirks-regierung Arnsberg) das detaillierte Ausgangskonzept der geleiteten Recherchen zugehen.
6.3. Selbstverständlich, „sind die Inhalte des Projektes trotz umfangreicher Sachaufklärung nicht schlüssig dargelegt worden“ (so Herr Dr. Chmel-Menges), weil der Antragsteller vor dem Projektbeginn die Erklärung abgeben muss, „dass mit der Maßnahme noch nicht begonnen wurde und auch vor Bekanntgabe des Zuwendungsbescheides nicht begonnen wird“.
6.3.1. Die beweiskräftigen Schlussfolgerungen konnten nur nach dem Projektabschluss gezogen werden. 7.1. Das Meisterstück ‚Unser Hof‘ des Klassikers der deutschen Literatur Hugo Wormsbecher spiegelt in künstlerischer Form Schicksale von Hunderttausenden Deutschen wider. Die Stellungnahme von Herrn Dr. Chmel-Menges hat mich überzeugt, dass diese Erzählung unbedingt vorrangig verfilmt werden muss, da der Genozid an den Russland-deutschen, der keine „geschichtliche Phase“ für sie ist, sondern ihre Identität auch heute nachhaltig ausgeprägt, soll durch die Öffentlichkeit wahrgenommen, anerkannt und gewürdigt werden.
7.2. Selbstverständlich, rechnen das Projektteam des beantragten bzw. (ich hoffe, vorübergehend) abgelehnten Vorhabens und die breite Öffentlichkeit auch weiter mit der Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen im Sinne des § 96 des Bundesvertriebenen-gesetzes.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Walther Friesen
Anlagen:
- Klageausfertigung für Herrn Dr. Chmel-Menges
- Kopie des Ablehnungsbescheids
- „Empfehlungsschreiben zur Verfilmung von Hugo Wormsbechers „Unser Hof“ von Prof. Dr. Carsten Gansel.
Mein Großvater wurde am 1. Mai 1945 in der Schlacht um Berlin getötet
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- Kategorie: Familiengeschichten
Wladimir Tschukawin
Mein Großvater wurde am 1. Mai 1945
in der Schlacht um Berlin getötet
Das war der letzte oder vorletzte Tag des von Hitler-Deutschland gegen die Sowjetunion entfachten Krieges. Mein Großvater verbrannte in seinem Tank im Berliner Bezirk Wilmersdorf.
Führung der 53. Garde-Panzerbrigade1)
24. Mai 1945 Nr. 0803
(betreff) Tschukawin Matwej
An den Militärkommissar des Bezirks Janaul
Baschkirische ASSR
erhalten am 04.06.1945
Eingangsnummer 0599
B E S C H E I D
Die Bürgerin Tschukawina Ksenia Maksimowna, die in der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik Baschkirien, Bezirk Janaul, Dorf Tscheraul2) lebt, ist darüber zu informieren, dass ihr Mann, Mechaniker und Fahrer des T-34-Panzers der Militäreinheit 21559, Oberfeldwebel der Garde Tschukawin Matwej Andrejewitsch, gebürtig aus dem Dorf Tscheraul, Bezirk Janaul der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik Baschkirien, im Kampf um das sozialistische Heimatland, treu dem Militäreid, Heldentum und Mut beweisend, brannte am 1. Mai 1945 in seinem Panzer im Berliner Bezirk Wilmersdorf 3)–Deutschland nieder.
Dieser Bescheid ist ein Dokument zur Einreichung eines Rentenantrags. Verordnung des Volkskommissariats für Verteidigung der UdSSR Nr. _______________
Kommandeur der Einheit, Garde-Hauptmann Unterschrift
Stabschef, Garde-Hauptmann Unterschrift
Meine Ahnen
Mein Urgroßvater ist in der Mitte mit Bart. Meine Urgroßmutter, die Mutter des Großvaters, sitzt. Mit Papacha-Hut ist der Bruder meines Urgroßvaters. Das Foto wurde 1916 aufgenommen. Offenbar war der Urgroßvater gerade aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt.
Ich habe versucht, nach Informationen über meinen Urgroßvater zu suchen, habe aber nichts gefunden. Das Einzige, was mir sein Enkel, mein Cousin, über ihn erzählte, war, dass er im Dorf Andrei Toporik (Handbeil/Kleine Axt) hieß, aus einer Geschichte, die ihm eines Winters passierte. Er ging einmal zum Fluss, um ein Eisloch zu schneiden. Während der Arbeit fiel ihm die Axt aus den Händen und ging unter Wasser. Der Urgroßvater zog sich dann aus, sprang in das Loch und zog die Axt aus dem Fluss heraus. Dann haben sie sich offenbar sehr um ihre Instrumente gekümmert.
Was meinen Urgroßvater betrifft, gehe ich davon aus, dass sein Bauernhof im Wirbelsturm der revolutionären Ereignisse zerstört wurde und er selbst, so scheint es mir, nicht auf der Seite der Bolschewiki4) stand.
Wenn man den Zustand des Bauernhofs des Großvaters zur Zeit des Krieges mit dem Bauernhof seines Vaters einige Monate vor der Revolution von 1917 vergleicht (gemäß dem Dokument, das mir jetzt ebenfalls vorliegt), kann man einen erheblichen Unterschied erkennen. Aber ich habe eine Bescheinigung, aus der hervorgeht, dass mein Vater, als er 1949 bei UWS5) in Tagil zur Arbeit ging, eine Sicherheitskontrolle durch das Ministerium für Staatssicherheit der UdSSR bestanden hat. Sonst wäre er nicht in dieses Rüstungsunternehmen aufgenommen worden.
1930. Großvater steht in der obersten Reihe
Großvater mit seiner Frau Ksenia. Das Jahr ist unbekannt. Ich glaube 1939-1940
Der Großvater ist in der Mitte.
Die Inschrift auf der Rückseite des Fotos lautet: „In Erinnerung an die Familie vom Kämpfer der O.K.D.K.A. M. A. Tschukawin am 12/VIII 34“ Anscheinend handelt es sich um einen wehrpflichtigen Militärdienst. O.K.D.K.A. – das ist die „Mit dem Roten Banner ausgezeichnete Spezielle Rote Armee im Fernost“.
Großvater mit einem Kameraden (keine Daten)
Mein Großvater hatte drei Söhne, als er an die Front ging. Einer von ihnen ist der Älteste, mein Vater Vitaly. Am Ende des Krieges starben zwei Söhne. Möglicherweise aufgrund einer Krankheit oder Hunger.
Mein Vater Vitaly Matwejewitsch kam im Alter von 16 Jahren nach Nischni Tagil, weil es im Dorf nichts zum Leben gab, also schickte ihn seine Mutter, meine Großmutter, zur Arbeit in die Stadt.
Als ich auf die Geschichte meines Großvaters aufmerksam wurde, beschloss ich herauszufinden, ob meine Großmutter eine finanzielle Entschädigung für den Tod ihres Ernährers erhielt. Ich konnte es nicht herausfinden. Höchstwahrscheinlich hat sie nichts erhalten. Habe es nicht zum „richtigen Stand“6) geschafft. Darüber hinaus fand ich heraus, dass jeder Soldat der Roten Armee ein persönliches Kontobuch bei der Zentralbank der UdSSR hatte, wo Gelder für Heldentaten und andere staatliche Verdienste angesammelt wurden. Als ich eine Anfrage an die Zentralbank richtete, wiesen sie mich auf das „Einlagengeheimnis“ und anderen Unsinn hin. Und ich entschied mich, mich damit nicht mehr zu beschäftigten.7)
Erinnerung an die Heldentat
Nr. 15 – Tschukawin Matwej Andrejewitsch
Kommentare
1) Die Brigade wurde auf Grundlage des Befehls Nr. 0510 des Volkskommissariats für Verteidigung der UdSSR vom 23. Juni 1942 zunächst als 106. Panzerbrigade aufgestellt. Die Bildung der Brigade fand vom 15. März bis 18. Juli 1942 in der Stadt Sewerodwinsk im Militärbezirk Ural statt.
2) Das Dorf Tscheraul wurde in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts von russischen Bauern an den westlichen Ausläufern des Südurals gegründet. 1906 lebten hier 1.422 Menschen, es gab eine Kirche, 2 Schulen, 2 Schmieden, eine Schlosserei, eine Weinhandlung, 4 Lebensmittelgeschäfte und eine Bäckerei. Im Jahr 2010 – lediglich 121 Personen (59 Männer, 62 Frauen).
3) „Der Vorstoß in Wilmersdorf, der auf den Bereich Zoologischer Garten und den dortigen Flakbunker zielte, geriet für die Sowjettruppen zum „Durcheinander“, da sich hier die nachts veränderte Frontgrenze befand … Sie konnten erst in der folgenden Nacht neu geordnet werden.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_um_Berlin#29._April_1945). Am Abend des 1. Mai war Wilmersdorf in sowjetischer Hand.
4) Die Bolschewiki, wörtlich übersetzt „die Mehrheitler“, waren eine radikale Fraktion der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands. Durch die Auflösung der Provisorischen Regierung Russlands durch Rotgardisten am 25. Oktober / 7. November 1917 und die bald darauffolgende Zerschlagung der Konstituierenden Versammlung wurden die Bolschewiki de facto die alleinherrschende Macht im gesamten Russland. Außenpolitisch versuchten die Bolschewiki, ihre Revolution auch in Westeuropa zu verankern. Im eigenen Land nahmen, Repressionen gegen die sowjetische Bevölkerung zu. Die Geheimpolizei unterdrückte jede Opposition, verhaftete viele Kritiker und potenzielle Feinde und richtete sie hin. Auf diese Art und Weise beherrschte die Kommunistische Partei lange Zeit das Land.
5) UWS – das Uralwagonsawod (wörtlich Uralwaggonwerk) ist ein russisches Maschinenbau- und Rüstungsunternehmen in Nischni Tagil. Das Werk wurde 1936 aufgebaut und produzierte zunächst schwere Güterwagen für die Eisenbahnen. Während des Zweiten Weltkriegs wurde das UWS zur weltweit größten Panzerfabrik. Sie lieferte über 30.000 T-34-Panzer aus.
6) Den Kollektivwirtschaftsmitgliedern, denen auch die Großmutter von Wladimir Tschukawin angehörte, wurde kein Lohn ausgezahlt. Sie hatten keine Bankkonten, auf die Geld überwiesen werden konnte. Die Abrechnung der geleisteten Arbeit erfolgte in Arbeitseinheiten. Von sowjetischen Machthabern wurde ein verbindlicher Jahresendbetrag von Arbeitseinheiten beschlossen und eine strafrechtliche Verantwortung bei Nichteinhaltung festgesetzt. Die Kollektivbauern erhielten für ihre Arbeit einen Anteil am Jahreseinkommen der Kollektivwirtschaft im Verhältnis zu den ihnen angefallenen Arbeitseinheiten, hauptsächlich in Form von Sachleistungen in Form von Getreide. In mageren Jahren konnte die Getreideverteilung für Arbeitseinheiten dürftig ausfallen oder gar nicht erfolgen. Dies geschah im Jahr 1946. Die Hungersnot in der Sowjetunion in den Jahren 1946 und 1947 zeichnete sich durch eine besonders hohe Kindersterblichkeit aus. Bis 2 Millionen Menschen starben damals.
7) Die Geldzulage eines gewöhnlichen Soldaten der Roten Armee war eher symbolischer Natur: Das Gehalt betrug 8 Rubel 50 Kopeken und mit einem „Feld“-Bonus von 100 Prozent – 17 Rubel. Nachdem er sich im Dienst bewährt hatte, konnte ein Soldat in drei Jahren zum Oberfeldwebel „aufwachsen“ mit einem Gehalt von 150 Rubel pro Monat und einem Bonus von 50%. Im Falle des Todes eines Soldaten übergab das Kommando der Einheit das Depotbuch an die nächstgelegene Außenstelle der Staatsbank. Darin wurde eine spezielle Abteilung eingerichtet, um Einlagen zu speichern und nach ihren Eigentümern oder Erben zu suchen. Dies geschah offensichtlich öfters nicht…
Solidaritätsaktionen zur Überwindung der gesellschaftlichen Krisen
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Handreichung
Solidaritätsaktionen zur Überwindung der gesellschaftlichen Krisen
Projekt
Skalierung der Vereinserfahrungen zur Bewältigung der negativen Auswirkungen der
posttraumatischen Belastungsstörungen und COVID-19-Pandemie
bei Familien mit Migrationshintergrund
Am 03.01.2013 erließ der Deutsche Bundestag der 17. Wahlperiode den „Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012“ (Drucksache 17/12051)1, in dem unter anderem auch die Auswirkungen der Pandemie durch das „hypothetische, jedoch mit realistischen Eigenschaften versehene Erreger „Modi-SARS“ zugrunde gelegt“ wurde. Das angsteinflößende Szenario kann „durch gegenseitige Unterstützung und Rücksichtnahme“ verringert werden. Einige Auszüge aus diesem Dokument: „Es ist so lange mit Neuerkrankungen zu rechnen, bis ein Impfstoff verfügbar ist. Für das vorliegende Szenario wird ein Gesamtzeitraum von drei Jahren zugrunde gelegt mit der Annahme, dass nach dieser Zeit ein Impfstoff entwickelt, freigegeben und in ausreichender Menge verfügbar ist. Der Erreger verändert sich im Verlauf der drei Jahre durch Mutationen so, dass auch Personen, die eine Infektion bereits durchlebt haben, wieder anfällig für eine Infektion werden. Hierdurch kommt es insgesamt zu drei Erkrankungswellen unterschiedlicher Intensität.“ (S. 61) „Es ist über den gesamten Zeitraum mit mindestens 7,5 Millionen Toten zu rechnen (S. 76)“ „Die Auswirkungen einer solchen Pandemie auf die Gesellschaft sind allerdings nur schwer abzuschätzen und hängen von verschiedenen Faktoren ab, z. B. von der Art und Weise des behördlichen Handelns und der behördlichen Kommunikation, der Berichterstattung in den Medien etc. Im vorliegenden Szenario wird davon ausgegangen, dass die Mehrheit der Bevölkerung sich solidarisch verhält und versucht, die Auswirkungen des Ereignisses durch gegenseitige Unterstützung und Rücksichtnahme zu verringern.“ (S. 88)
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